Perikles: Einführung der Demokratie

Perikles: Einführung der Demokratie
Perikles: Einführung der Demokratie
 
Der Attische Seebund hatte Athen zu einer maritimen Macht werden lassen. Parallel zum Aufstieg der Stadt und durch diesen befördert vollzog sich die Ausbildung der radikalen Demokratie. Die Vollendung dieses Prozesses ist vor allem das Werk von Ephialtes und Perikles. Deren Handeln muss als Reaktion auf die Politik des konservativen Aristokraten Kimon und der ihn stützenden oligarchischen Partei gedeutet werden, die in den Siebziger- und Sechzigerjahren mit dem Areiopag die wichtigste politische Institution in Athen beherrschte.
 
462 v. Chr. nutzten die Reformer um Ephialtes die Abwesenheit Kimons zum Umsturz. Der Areiopag wurde entmachtet. Er behielt allein die Blutgerichtsbarkeit. Die politischen Funktionen des Adelsrates übernahmen die Volksversammlung (Ekklesía), der Rat der 500 (Boulé) und das Geschworenengericht (Heliaia). Resultat der demokratischen Neuerungen in Athen war, dass der Demos (also die Gesamtheit der zu politischer Mitwirkung berechtigten Vollbürger, nicht jedoch die Metoiken und Sklaven) im Prinzip die Kontrolle über das gesamte öffentliche Leben erhielt.
 
Nach der Ermordung des Ephialtes (461) scheint Perikles (495/90-429) an die Spitze der Demokraten vorgerückt zu sein. Um möglichst viele Bürger am politischen Leben zu beteiligen, wurden den Amtsträgern, den Richtern sowie den Anwesenden bei der Ekklesía Diäten (Tagegelder) gezahlt. Dies war eine notwendige Maßnahme zum Ausgleich von Verdienstausfällen, die besonders Angehörige des vierten Standes trafen. Diese ärmere Bevölkerungsgruppe der Theten bekam sodann durch die Gewährung des »Schaugelds« (Theorikón) Gelegenheit zum Besuch der oft mehrere Tage dauernden Festlichkeiten und Theateraufführungen.
 
Mit der Beschränkung des athenischen Bürgerrechts auf Nachkommen, deren Eltern beide Athener waren (451/50), begünstigte Perikles den Demos, der nun bevorzugt in den Genuss der finanziellen Mittel des Bundes (Tribute) kam. Eine Tendenz zur Privilegierung und Isolierung der athenischen Bürgerschaft zeichnete sich ab, die im Zusammenhang mit der gleichzeitig erfolgten Umwandlung des Seebundes zur Arché Athens gesehen werden muss. Diese Umgestaltung ist entscheidend von Perikles betrieben worden.
 
Von 443-429 wurde Perikles alljährlich zum Strategen gewählt. Ihm oblag die Leitung der Volksversammlung, die er in seinem Sinne zu lenken verstand, und die Aufsicht über die ehrgeizigen Bauvorhaben. Seine außerordentliche Stellung verdankte der Stratege einer starken persönlichen Autorität und einer beachtlichen rhetorischen Fähigkeit. Der Historiker Thukydides trifft wohl den Kern, wenn er sagt, es habe »dem Namen nach eine Demokratie, in Wirklichkeit aber die Herrschaft des ersten Mannes« bestanden.
 
Um sich von bedrängenden innenpolitischen Problemen zu entlasten, verwickelte Perikles Athen in außenpolitische Konflikte. Seit 432/31 befanden sich Athen und Sparta im Kriegszustand. Als die Feinde Athens attisches Land verheerten und unter der in der Stadt zusammengepferchten Bevölkerung die Pest ausbrach, wuchs die Opposition gegen Perikles. Verurteilt wegen Amtsmissbrauchs ging er seines Strategenamtes verlustig, wurde jedoch 429 wieder in diese Stellung gewählt. Er starb noch im gleichen Jahr.

Universal-Lexikon. 2012.

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